Das Projekt
Wir fördern die Auseinandersetzung mit NS-Unrecht und die Erinnerung an die geschichtlichen Zusammenhänge mit einem neuen Format. Für den NaziCrimesAtlas werden Daten aus einem vorangegangenen Forschungsprojekt aufbereitet: Rund 25 000 Daten umfasst das Verzeichnis der Gerichtsakten zu NS-Verbrechen – und das sind nur die auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik. Für jeden Tatbestand wird es im NaziCrimesAtlas einen Pin auf der Landkarte geben.
Unser Ansatz:
Rassismus, Antisemitismus und Angriffe auf die freiheitliche Demokratie sind auch 80 Jahre nach Ende der Naziherrschaft in allen Teilen Deutschlands präsent. Umso wichtiger ist die Information über geschichtliche Zusammenhänge, Ursachen und Folgen. Die Erinnerungskultur wandelt sich und soll bei neuen Generationen verankert werden – mit neuen medialen Vermittlungsformen.
Der Verein dieKunstBauStelle e. V. in Landsberg am Lech hat mit verschiedenen Projekten immer wieder an die jüngere deutsche Geschichte erinnert, insbesondere die Verbrechen in Landsberg selbst: Adolf Hitler saß hier 1924 in Haft, nachdem sein Putsch 1923 gescheitert war, und verfasste Teile seines Pamphlets „Mein Kampf“; Eines der größten KZ-Außenlagerkomplex in Bayern war in der Nähe; Nach Kriegsende lebten Displaced Persons in Lagern in Landsberg. Der Verein engagiert sich mit partizipativen und digitalen Projekten zur Erinnerungskultur.
Wie funktioniert die App?
Jedem Ort eines NS-Verbrechens wird ein Pin auf der Karte zugeordnet.
Über einen Klick auf den Pin werden die Informationen zu historischen Fakten in Text und Bild sowie Angaben zu den Quellen eingeblendet.
Die Daten umfassen die nach dem Krieg strafrechtlich verfolgten NS-Verbrechen bis 1945 sowie Quellen und Datensammlungen zum Holocaust, die die Tatorte von NS-Verbrechen belegen. Für weitere Informationen werden Archive der Gedenkstätte Yad Vashem, der Arolsen Archives und der Zentralen Stelle in Ludwigsburg genutzt. Der Atlas dokumentiert die Fälle von NS-Unrecht an tausenden Orten in Deutschland.
Die Quellen erfassen nicht alle Details der jeweiligen Verbrechen, bieten jedoch einen Einstieg in die Recherche vor Ort und ermöglichen einen Überblick über die zahllosen Gräueltaten.
Diese wurden nicht nur von offiziellen Kommandos der Nationalsozialisten begangen, sondern auch von Einzelpersonen in eigener Verantwortung. Die Verbrechen umfassen Denunziation, Zerstörung oder Aneignung von Eigentum, körperliche Gewalt und viele weitere Taten.
Einige Verbrechen sind weitläufig bekannt, wie die Zerstörung jüdischer Einrichtungen in der Reichspogromnacht am 9. November 1938. Andere sind in Vergessenheit geraten oder wurden später verschwiegen. Die App visualisiert anhand der Karte das Ausmaß der Verbrechen.
Was ist nicht erfasst?
Vom ersten bis zum letzten Tag der NS-Diktatur verübten Täter und in geringerem Ausmaß auch Täterinnen Straftaten zuerst in Deutschland und später in ganz Europa. Zu den Opfern zählten Juden, Sinti und Roma, politische Gegner, psychisch und physisch Kranke, Widerstandskämpfer, Zwangsarbeiter, KZ-Häftlinge und viele andere. Nicht nur hohe Parteifunktionäre oder Beamte trugen mit schwersten Straftaten zum verbrecherischen Regime bei, sondern Menschen aus allen Gesellschaftsschichten. Die Verbrechen fanden nicht nur an Erschießungsgruben und in Vernichtungslagern in den besetzten Gebieten Osteuropas statt, sondern auch überall in Deutschland.
Nach 1945 leiteten die alliierten Siegermächte und die deutsche Justiz Ermittlungen und Prozesse ein, um die Verbrechen zu ahnden und die Täter zu bestrafen. Trotz dieser teils jahrzehntelangen Bemühungen konnten nicht alle Straftaten aufgeklärt und geahndet werden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Oft waren alle Opfer ermordet, sodass niemand mehr die Tat bezeugen konnte. Die Beweislage war oft zu dünn, die Täter leugneten und konnten nicht überführt werden, waren untergetaucht oder bereits verstorben.
Während des Kalten Krieges behinderten die politischen Verhältnisse in Osteuropa die Ermittlungen westdeutscher Justizbehörden. Zudem führte die westdeutsche Rechtsprechung häufig zu niedrigen Strafmaßen oder Freisprüchen, indem sie vielen Tätern den Status von Gehilfen zubilligte. Außerdem vernichteten einige Justizbehörden Akten zu nationalsozialistischen Gewaltverbrechen.
Vor diesem Hintergrund kann die NaziCrimes-App nicht alle NS-Verbrechen abbilden. Sie stellt sicher Aufgabe, alle mit Quellen belegten NS-Verbrechen, die sich auf Orte in den heutigen Grenzen Deutschlands beziehen, zu verzeichnen.
Nach dem Tod der meisten Zeitzeugen hoffen wir, dass die Orte, an denen die Verbrechen verübt wurden, der Erinnerung und dem Gedenken dienen.
Wir übergeben die App der Öffentlichkeit in der Hoffnung, dass sie durch zivilgesellschaftliches Engagement weiter ergänzt wird.